Erwachsenwerden in Kriegszeiten - ein abendlicher Erfahrungsbericht

Möllensen, in den frühen 2000er Jahren. Der Ort liegt im Verlauf der ehemaligen Fortsetzung unserer „Almetalbahn“ in Richtung Elze (Han) und war zuletzt Wohnort von Gerd. Gerd war in Almstedt aufgewachsen und dort viele, viele Jahre als Lehrer tätig bevor es ihn in den Ort an der Despe verschlug. Doch prägende Jahre verbrachte er als junger Erwachsener ganz woanders….

Ein lauschiger Sommerabend. Gerd saß vor seinem Haus in Möllensen und ein späteres Vereinsmitglied, wohl kaum 14 Jahre alt, kam gerade vom Bolzplatz zurück. Die beiden kamen wie schon so oft ins Gespräch, Gerd hatte schließlich nicht nur eine Modelleisenbahn, sondern interessierte sich auch für seine Mitmenschen und ließ sie gern von seinem Erfahrungsschatz profitieren. Mittlerweile weit über 70 Jahre alt war Gerd ein Mensch, der den zweiten Weltkrieg als Soldat miterlebt hatte. Er verlor wenige Worte über den Krieg an sich. Er war ein altruistischer und humanistischer Mensch, sodass ihn Krieg anwiderte. Dennoch, so erzählte er, konnte er zunächst nicht Lehrer werden, sondern musste nach Afrika an die Front, fernab des geliebten Südhanges des Hildesheimer Waldes. Als er in Afrika in Gefangenschaft geriet, sei er froh gewesen: Etwa zwei Jahre seiner Jugend waren es, die er in der Gluthitze Afrikas verloren habe, in Angst um sich, seine Kameraden, seine Familie in Almstedt, aber auch die Menschen, die ihm gegenüberstanden. Ja – er verlor wahrlich nicht viele Worte über die Zeit im Krieg und kein einziges war heroisch. Vielmehr berichtete er lebendig über die Zeit in der Gefangenschaft. Mit Ende des zweiten Weltkrieges kam er nach Frankreich auf einen Bauernhof. Er lernte dort ein wenig Französisch. Und er lernte die Vorzüge des friedlichen Miteinanders kennen. Er hatte Glück, denn obwohl er ein „Prisonnière de guerre“ (Kriegsgefangener) war, hatte er doch relativ viele Freiheiten auf dem Gehöft. Die Arbeit und der Austausch auf dem Hof machten ihm Spaß und ließ ihn fast vergessen, dass erneut ein langer Zeitraum verstrich.

Eines Tages kam die Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft. Gerd war wieder ein freier Mann und konnte nach Almstedt zurückkehren. Es war die Bahn, die ihn in Richtung Nordosten brachte. Die letzte Etappe führte ihn über Hildesheim nach Bodenburg. Gerd hätte einen guten Anschluss an den nächsten Zug nach Almstedt – Segeste gehabt. Aber ihn bewegten viele Gedanken… wie wäre das Wiedersehen mit der Familie, insbesondere seiner Mutter…? Die Sonne schien auf ihn nieder. Gerd entschloss sich, die letzten 4 km zu Fuß zu gehen. Es war so viel Zeit vergangen, da kam es nun auf die paar Momente nicht drauf an… und es war ein lauschiger Tag.

Der umgeleitete Zug, der nicht weiterfahren wollte

Es gibt immer wieder Erzählungen, die sich weder mit Sicherheit belegen, noch genau terminieren lassen. Fakt ist, dass die Strecke zwischen Bodenburg – und Elze (Han) viele Jahre fast durchgängig aus dem leichten Oberbau „preußisch Form 6“ bestanden hat. Dabei handelt es sich um relativ leichte Schienen, die nicht für große Lasten ausgelegt sind. Des Weiteren waren insbesondere Teile der Strecke zwischen km 5 05 und Eitzum nicht in Schotter, sondern lediglich in Kies gebettet. Kiesbettung ist weniger als Schotter in der Lage, große Kräfte aufzunehmen. Das heißt, dass sich die Lage der Gleise schneller verändert, wenn es zu Überbelastungen kommt. Ausgelegt war die Strecke auf Achslasten bis 15 Tonnen. Das war die übliche Achslast typischer in Hildesheim beheimateter Nebenbahntenderlokomotiven wie der Baureihe 64, 86 oder der Schlepptenderdampflokomotive Baureihe 50.

Im Rahmen von Umleitungen soll es auch dazu gekommen sein, dass Züge mit Lokomotiven mit höheren Achslasten diese Strecke befahren haben. Einmal soll sich ein Lokomotivführer auf einer „44“, das ist faktisch die schwerste deutsche Dampflokomotive (20 to Achslast!), geweigert haben, die Strecke hinter Almstedt – Segeste weiter zu befahren. Es ist nicht bekannt, ob die Fahrt dann abgebrochen oder – wohl unter Protest – fortgesetzt worden ist.

Deutliche Abzehrungen der Schienen im Bereich zwischen Bodenburg und Breinum zeigen allerdings, dass die Schienen seit ihrer Montage im Jahr 1927 durchaus starken Belastungen ausgesetzt gewesen sein können.

Für einen langfristigen Betrieb ersetzt die AHE alle Betriebsgleise durch die größere Form S49, die auch Achslasten von 20 Tonnen im Betrieb sicher aufnehmen kann, auch wenn faktisch alle Fahrzeuge der AHE eine maximal zulässige Achslast kleiner oder gleich 15 Tonnen haben.