GW 63 vor dem Bahnhofsgebäude Almstedt – Segeste (Sommer 2005, C. Dieckow)

Technische Daten

Typ: Omm 43 – Prototyp
Hersteller: AW Kaiserslautern
Baujahr: ca. 1956
Fabrik-Nr.: unbekannt
Eigengewicht: 11450 kg
Lastgrenze: A 20500 kg
Lastgrenze: B 24500 kg
Lastgrenze: C 28500 kg
Anzahl der Achsen: 2
Achsstand: 6000 mm
Ladelänge: 8,7 m
Ladefläche: 24,1 m²
Länge ü. Puffer: 10500 mm
Federgehänge: Einfachschaken
Lagertyp: Rollenlager
Bremse: Hik-G

Lebenslauf unseres offenen Güterwagens

Bereits kurz nach dem ersten Weltkrieg waren Versuche zur Schaffung eines genormten europäischen Güterwagens unternommen worden, letztlich scheiterten diese jedoch an den nationalen Eigenheiten der Staaten. Nach dem zweiten Weltkrieg schließlich war der Bedarf durch kriegsbedingte Verluste nach Erneuerung des überalterten Wagenparks größer als je zuvor.
Die Wirtschaftkommission in Genf gab schließlich den Anstoß für die Vereinheitlichung der Güterwagen in Europa.
Bereits 1947 beauftragte man den internationalen Eisenbahnverband (IEV) mit den Vorbereitungen für die Standardisierung des Güterwagens in Europa. Folgende Punkte waren vorgegeben:
– Häufig benötigte Ersatzteile sollten frei unter den im internationanlen Verkehr eingesetzten Güterwagen austauschbar sein
– Die Wagenabmessungen sollten vereinheitlicht werden
– Die Vorraussetzungen für eine vollständige Vereinheitlichung der Typen der unterschiedlichen Staaten waren zu prüfen
Obwohl die Standardisierungsbemühungen umgehend in Angriff genommen wurden, war es nicht möglich, die anstehenden Bautypen so schnell einzuführen, dass der Bedarf an neu zu beschaffenden Wagen auch nur annährend gedeckt gewesen wäre. Deshalb musste seitens der Deutschen Bundesbahn auf Zwischenlösungen zurückgegriffen werden. Mitte der fünfziger Jahre hatten die Kriegsbauarten Linz (Omm 32), Villach (Omm33) und Klagenfurt (Omm34) die Hälfte ihrer Nutzungszeit erreicht und standen zur Instandhaltungsstufe (IS) G (Vollaufarbeitung mit Anstricherneuerung) an.
Aufgrund der relativ hohen zulässigen Geschwindigkeit von 75 km/h wurde seitens der DB über eine wirtschaftliche Art der Wiederaufarbeitung nachgedacht, zumal die vorhandenen Wagenkästen mit Holzbeplankung in den meisten Fällen einen kompletten Neubau erfordert hätten. In der Folgezeit entstanden so zunächst eine Reihe von Versuchswagen, die unter Beibehaltung des alten Fahrwerks mit geschweissten stählernen Wagenkästen nach UIC-Bauart und UIC-Türen und Stirnklappen ausgerüstet wurden.
Die ersten Exemplare behielten ihre räumlichen Sprengwerke der Villach-Spenderwagen. Bei den Omm32 und Omm33 erfolgte keine Auflösung des Untergestells, die außenliegenden Längsträger und die einteiligen Preßblechachshalter blieben erhalten.
Ebenso behielten diese Wagen ihre Hik-Bremse. Als Neuerung erhielten die Fahrzeuge statt der 20t-Gleitlagerradsätze nun Rollenlagerradsätze vom Typ BA 22.
Kombiniert mit dem 6m großen Radstand und den Einfachschakengehängen war für die Wagen eine Höchstgeschwindigkeit von 80km/h zulässig.
Der Umbau dieser Fahrzeuge zu Omm43 (später E033) erfolgte in den Jahren 1957-1961, insgesamt wurden 5352 Stück Omm43 in Serie gebaut.
Die Einsatzgebiete dieser Fahrzeuge lagen zunächst vielfältig im Transport diverser Frachten. Durch die Stirnklappe war eine Selbstentladung über eine Hubbühne möglich. Im Laufe der Jahre wurden an den Fahrzeugen etliche technische Änderungen vorgenommen. So verstärkte man z.B. die links und rechts der Seitentüren gelegenen Profile, etliche Fahrzeuge erhielten sogar noch Seitentüren der neuen Generation. Die zweiachsigen offenen Güterwagen hielten sich in großer Stückzahl bis in die neunziger Jahre, nachdem durch die Wiedervereinigung etliche Fahrzeuge der ehemaligen DR mit eingegliedert wurden. Insgesamt wurde jedoch der Bestand ab Mitte der neunziger Jahre stark reduziert
und die Fahrzeuge wurden größtenteils durch die vierachsigen Eaos, bzw. Eanos abgelöst. Ab Mitte der achziger Jahre wurden etliche Wagen nur noch für Spezialaufgaben wie den Rübenverkehr eingesetzt und nach dessen Aufgabe durch die Deutsche Bundesbahn 1992 ausgemustert. Einige wenige Exemplare konnten sich bis heute (2005) als Bahnhofswagen halten,
jedoch ist im Zuge des weiter fortschreitenden Rückbaus der Bahnanlagen mit dem kurzfristigen Verschwinden dieser Fahrzeuggattung zu rechnen.

Bei unserem Wagen handelt es sich nach bisherigen Erkenntnissen um einen Prototyp zum Omm 43. Anhaltspunkte hierfür ergeben sich aus der zur Serie abweichenden um 10 cm geringeren Ladelänge von 8700 mm, damit verbunden die abweichende Gesamtlänge von 10500mm und das abweichende Eigengewicht. Die ursprüngliche Wagennummer ist noch nicht bekannt. Nach der offiziellen Ausmusterung bei der DB wurde der Wagen in Braunschweig Rbf als mit Schotter beladener „Bergbremswagen“ unter der Nummer 63 632 eingesetzt. „Bergbremswagen“ benötigte man an den Ablaufbergen für mit besonderer Vorsicht zu rangierende Fahrzeuge wie z.B. Kesselwagen. Sie wurden, besetzt mit einem Ranigerer an der Bremskurbel, mit ablaufen gelassen und rechtzeitig abgebremst, um zu heftiges Auflaufen auf stehende Fahrzeuge zu verhindern.
Im Sommer 2005 konnte unser Wagen in letzter Sekunde vor dem Schneidbrenner gerettet und nach Almstedt überführt werden.

Er soll nach Klärung der ursprünglichen Betriebsnummer neu lackiert, mit einem neuen Holzbohlenbelag versehen und in den Zustand der fünziger Jahre zurückversetzt werden.
Glücklicherweise sind kaum Veränderungen zum Ablieferungszustand vorgenommen worden (lediglich die Verstärkung der Türprofile).
Im Nachbarbahnhof Bodenburg waren jahrzehntelang bauartgleiche Rübenwagen im Ladeverkehr der Zuckerfabrik Östrum im Einsatz, sodass unser Wagen ein für diese Region typisches Fahrzeug darstellt.

Die Aufarbeitung beginnt 2020 mit dem Austausch abgängiger Seitenbleche und schadhafter Federpakete.